Die Bedeutung von Heil-und Kostenplänen bei der Zahnarztbehandlung

Die Bedeutung von Heil-und Kostenplänen bei der Zahnarztbehandlung

 

Der Heil- und Kostenplan ist Leid und Segen eines jeden Zahnarztes, doch als Fundament für den Praxiserfolg unerlässlich.

 

Jede Versorgung hat der Zahnarzt gegenüber dem Patienten mit dem Heil- und Kostenplan zu dokumentieren. Nach der Behandlung ist dieser, soweit er unterschrieben der Praxis vorliegt auch die Gewähr für den Vergütungsanspruch.

Stephanie Lamp

 

In einem Urteil vom 29.06.2016 (Az. 531 C 241/15) hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese die Anforderungen an den Zahnarzt hinsichtlich des Heil- und Kostenplans, der Praxissoftware sowie der GOZ-Abrechnung definiert. Diese vom Gericht festgelegten Anforderungen sollen – wegen ihrer Bedeutung für Ihren Praxisalltag – im Folgenden kurz dargelegt werden.

 

/// Heil- und Kostenplan als Grundlage des Behandlungsvertrages

Das Gericht hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils zunächst darauf hingewiesen, dass der Heil- und Kostenplan Grundlage des Behandlungsvertrages ist. Unterschreiben Zahnarzt und Patient diese Vereinbarung und geht diese Urkunde dem Zahnarzt daraufhin wieder zu, ist der Behandlungsvertrag zustande gekommen. In diesem Zusammenhang hat das Gericht klargestellt, dass grundsätzlich der Zahnarzt für den Zugang des Heil- und Kostenplans darlegungs- und beweispflichtig ist. Das heißt, er muss beweisen, dass der Patient den Heil- und Kostenplan auch tatsächlich erhalten hat.

 

/// Dokumentation

Eine in diesem Zusammenhang erfolgte Dokumentation des Zahnarztes in der Patientenkartei lautend „HKP an Pat Kb“ hat das Gericht in dem hier zu entscheidenden Fall für mangelhaft erachtet, weil der Heil- und Kostenplan hier nicht konkret identifizierbar sei. Vielmehr habe der Zahnarzt den Heil- und Kostenplan eindeutig individualisiert und identifizierbar zu bezeichnen, beispielsweise durch eine fortlaufende Nummer.

 

/// Software

Der klagende Zahnarzt hat sich darauf berufen, dass die von ihm benutzte Software nicht in der Lage sei, einen Heil- und Kostenplan über sämtliche zahnärztliche Leistungen inklusive Material- und Laborkosten einschließlich Kurz- und Langzeitprovisorien aufzuführen. Daher hat sich das Gericht auch zu den Anforderungen einer Praxissoftware eines Zahnarztes geäußert. Diese muss nach Ansicht des Gerichts bestimmte strenge Anforderungen erfüllen.

 

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die von anderen – offenbar moderner eingerichteten – Zahnarztpraxen verwendete Software, etwa Charlie XL, es problemlos ermögliche, einen einheitlichen Heil- und Kostenplan zu erstellen.

 

 

Danach hat der Zahnarzt sicher zu stellen, dass Heil- und Kostenpläne in der Praxissoftware mit einer Nummer versehen oder in anderer Weise identifizierbar gemacht werden können. Der Zahnarzt hat nach Ansicht des Gerichts eine Praxissoftware zu verwenden, die einen (einheitlichen) Heil- und Kostenplan über sämtliche zahnärztlichen Leistungen inklusive Material- und Laborkosten einschließlich Kurzzeit- und Langzeitprovisorien darstellen kann. Weiter muss die Software darstellen, ob und wie Heil- und Kostenpläne an den Patienten übermittelt wurden. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass – sollte ein Zahnarzt aufgrund seiner Software zwingend zwei Pläne erstellen müssen –, er zumindest in dem ersten Heil- und Kostenplan einen Zusatz einbauen (lassen) muss, dass noch mit weiteren Kosten für den Patienten zu rechnen ist. Insoweit hätte nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Fall eine individuelle Verweisung auf den von der Patientin nicht unterschriebenen zweiten Heil- und Kostenplan das Software-Defizit problemlos behoben.

 

Letztlich hat das Gericht in diesem Kontext angemerkt, dass sich immer die Software-Hersteller der aktuellen Rechtslage anpassen müssten und nicht die Rechtsprechung der veralteten Software. Dazu verweist das Gericht auf eine Entscheidung des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 04.12.2009 (Az. V ZR 44/09), worin der Senat die Behandlung der Instandhaltungsrücklagen in Jahresabrechnungen des Verwalters nach Wohnungseigentumsgesetz (WEG) missbilligt und den Einwand der Verwalterbranche, dass ihre Software-Produkte die BGH-konforme Jahresabrechnung nicht erstellen könnten, nicht gelten lässt. Dass die IT-Branche schnell auf die Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung reagiert hat, zeige nach Ansicht des 5. Zivilsenats, dass nur eine der Rechtslage entsprechende Software am Markt auf Dauer verkäuflich ist.

 

Zum Abschluss eines Behandlungsvertrages auf Grundlage eines Heil- und Kostenplans hat das Gericht letztlich festgestellt, dass nur dann, wenn der Patient auch wusste oder erkennen konnte, was der Zahnarzt mit seinem Heil- und Kostenplan sagen wollte, sich der Patient den Heil- und Kostenplan so entgegenhalten lassen müsse, wie er vom Zahnarzt gewollt war.

 

/// Höhe des geschuldeten Honorars

Zur Höhe des vom Patienten geschuldeten Honorars stellt das Gericht fest, dass der Zahnarzt nicht mehr als 115 % des im vereinbarten Heil- und Kostenplan benannten Honorars verlangen kann. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 2 GOZ 2012. Dieser lautet u.a.: „Ist eine Überschreitung der im Kostenvoranschlag genannten Kosten um mehr als 15 von 100 zu erwarten, hat der Zahnarzt den Zahlungspflichtigen hierüber unverzüglich in Textform zu unterrichten.“

 

Fehlt es an einem solchen Hinweis des Zahnarztes, geht dies zu seinen Lasten.

 

Der klagende Zahnarzt hat insoweit eingewendet, dass allein die Erfüllung bestimmter Gebührentatbestände zu dem hier streitgegenständlichen weiteren Honoraranspruch führe.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Es hat insoweit darauf hingewiesen, dass auch andere Freiberufler nicht alle von ihnen geleisteten Beratungen schon deshalb dem Patienten bzw. Mandanten in Rechnung stellen können, nur weil sie entsprechende Gebührentatbestände erfüllt haben. Maßgeblich sei immer der zwischen den Parteien geschlossene synallagmatische Vertrag – hier der zwischen Zahnarzt und Patient geschlossene Behandlungsvertrag auf Grundlage eines Heil- und Kostenplans.

 

/// Fazit

Aus dem aktuellen Urteil sollten Sie für Ihren Praxisalltag insbesondere mitnehmen, dass bei der Erstellung der Heil- und Kostenpläne größte Sorgfalt erwartet wird, da dieser die Grundlage des Behandlungsvertrages bildet. In ihrer Patientendokumentation ist überdies entweder die Nummer des Heil- und Kostenplans zu nennen oder der betreffende Heil- und Kostenplan anderweitig eindeutig zu individualisieren. Aus der Dokumentation muss sich zudem entnehmen lassen, ob bzw. wie viele Heil- und Kostenpläne dem Patienten übergeben wurden.

 

Nach Ansicht des Gerichtes sind die Pläne als Vertragsofferten des Zahnarztes nebst Kostenvoranschlägen einzuordnen. Ein Heil- und Kostenplan, der einem Patienten nicht zur Kenntnis gelangt ist, kann nicht Grundlage eines Behandlungsvertrages mit dem Zahnarzt sein. Auch kann sich ein Zahnarzt nicht erfolgreich darauf berufen, dass die von ihm verwendete Software außer Stande ist, einen einheitlichen Heil- und Kostenplan über sämtliche zahnärztlichen Leistungen inklusive Material- und Laborkosten einschließlich Kurzzeit- und Langzeitprovisorien aufzuführen. Das Gericht geht davon aus, dass moderne Zahnarztsoftware durchaus in der Lage ist, einen einheitlichen Heil- und Kostenplan zu erstellen.

 

Wie auch im sonstigen Praxisalltag sollten Sie daher auch bei den Heil- und Kostenplänen auf eine sorgfältige und genaue Dokumentation sowie Erstellung der Pläne achten, um sich vor unerfreulichen Erfahrungen – wie Sie Ihrem Kollegen in dem hier besprochenen Urteil zu Teil geworden sind – zu bewahren. Es gilt nämlich auch hier: „Was man nicht notiert, ist nicht passiert“.

 

– AUTOR

Stephanie Lamp
Rechtsanwältin

 

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